Kopf Journal-Mittelstand
Kommentar:

 

Brauchen Unternehmen Moral?


von Dr. Dr. Cay von Fournier
 


Gewinne sichern das Überleben eines Unternehmens, schaffen Wachstum und sorgen für Arbeitsplätze. Das höchste Ziel eines Unternehmens lautet also: Gewinne machen. Für die Moral sind andere zuständig. Philosophie, Kirche, wohltätige Organisationen. In einer aktuellen Veröffentlichung des Harvard Business Manager wurde diese These untersucht und weitgehend bestätigt. Auch den amtierenden IG-Metall-Chef, Jürgen Peters, beschäftigt das Thema, wenn er provokativ fragt: „Gibt es noch eine Moral?“ – ohne sich dabei all zu viele Gedanken über die Moral des eigenen Unternehmens zu machen.

Mit der Moral ist es so eine Sache - sie wird leicht gefordert und schwer gelebt, gerade in Unternehmen. Entlassungen trotz Milliardengewinnen machen Schlagzeilen und werfen die Frage nach der Moral auf. Sie stellt die Gesamtheit der gesellschaftlichen Werte und Normen dar, die als verbindlich akzeptiert werden sollten. Diese Werte bilden mit dem geltenden Recht die Handlungsgrundlage einer gesunden Gesellschaft und gesunder Unternehmen. Leider wird dieser Grundpfeiler oft stark unterbewertet.

Rein ökonomisch ist die Eingangsthese zu den Gewinnen richtig. Doch neben der ökonomischen Ebene ist die Einbindung von Unternehmen in die staatliche Gesetzgebung eine zweite Ebene. Dazu kommt das freie und verantwortliche Handeln. Politische und wirtschaftliche Skandale, die durch legales, aber unethisches Tun entstehen, stumpfen unser Gefühl für Moral ab. Wir gewöhnen uns an verantwortungsloses Vorgehen, welches geltende Gesetze so auslegt, wie man sie braucht oder diesebeugt und damit dem Anstand widerspricht. Umso wichtiger ist die Verantwortlichkeit des Einzelnen innerhalb eines Unterneh-mens. Die persönlichen Wertesysteme der agierenden Menschen spielen dabei eine Rolle.

Nur auf der Grundlage von Werten im ethischen Sinne können ökonomische Werte entstehen. Nachhaltigkeit und langfristiger Erfolg gründen auf ganzheitlichem Handeln. Das gilt für das persönliche Engagement ebenso wie für das unternehmerische und auch für den gesellschaftspolitischen Rahmen.


* Dr. Dr. Cay von Fournier ist aus Überzeugung Arzt und Unternehmer. Zu seiner Vision gehören möglichst viele gesunde Menschen in gesunden Unternehmen. Der in Medizin- und Wirtschaftswissenschaften promovierte Inhaber des vor 20 Jahren gegründeten SchmidtCollegs ist bekannt durch seine lebhaften und praxisrelevanten Vorträge und Seminare. SchmidtColleg ist unter seiner Leitung zu einer Unternehmensgruppe geworden, die sich der Vermittlung und Umsetzung einer menschlichen und dennoch (oder gerade trotzdem) erfolgreichen Unternehmensführung widmet.