Nicht nur Dialoge bewirken Wunder:
10 Werkzeuge für den „perfekten Chef“
von Cay von Fournier, SchmidtColleg, Berlin und St. Gallen *
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Ein Messer muss scharf sein, damit es seine Funktion erfüllt und
schneidet. Gleichzeitig erhöht der Schärfegrad die Gefahr, sich an der Klinge zu
verletzen. Nicht anders verhält es sich bei den „Werkzeugen“ zur Führung von
Menschen. Sie zu beherrschen, ist für Unternehmer und Führungskräfte eine
permanente Herausforderung.
Der richtige Umgang mit „Werkzeugen“ ist es, was den idealen Chef
charakterisiert. Es gehört zur Kunst des Führens, dabei menschlich zu bleiben
und den Mitarbeiter ernst zu nehmen, also die „Werkzeuge“ nicht über den
Menschen zu stellen. Die wichtigsten dieser Chefwerkzeuge sollen im Folgenden
etwas näher beleuchtet werden:
1. Unternehmenskultur
Die Unternehmenskultur ist ein Teil der Identität eines Unternehmens. In ihr
dokumentiert sich das Verhalten von Mitarbeitern und Führungskräften
untereinander sowie gegenüber Kunden, Lieferanten und Geschäftspartnern.
Motivation, Fluktuation, Kundentreue sind ein Spiegelbild der
Unternehmenskultur. Sie entsteht durch die tägliche und praktische Erfahrung der
Menschen. Großen Einfluss hat die Qualität der Führung. Unternehmensführung und
Unternehmenskultur beeinflussen sich gegenseitig. Die Entwicklung einer
Unternehmenskultur vollzieht sich in drei Phasen.
• Erstellungsphase
Die zentralen Werte eines Unternehmens werden geklärt. Wie sollen die Geschäfte
vollzogen werden? Zur Beantwortung dieser Frage helfen Begriffe aus der
Werteliste, z. B. Anstand, Offenheit, Nachhaltigkeit. Wichtig ist es, in diesen
Prozess die Mitarbeiter einzubeziehen. Nur dann lässt sich eine allgemeine
Akzeptanz erreichen. Unternehmenskultur per Verordnung ist zum Scheitern
verurteilt.
• Einführungsphase
Die Vorstellungen von der Unternehmenskultur müssen im zweiten
Schritt bekannt und verbindlich gemacht werden. Die Inhalte müssen jedem
Mitarbeiter jederzeit verfügbar und gegenwärtig sein. Vorträge, Drucke,
Präsentationen und Workshops sind Mittel für den Transport einer
Unternehmenskultur.
• Erfahrungsphase
Die schriftliche Fixierung und die Bekanntmachung genügen nicht. Die Grundsätze
müssen täglich gelebt werden. Das ist der schwierigste Teil des Ganzen.
2. Dialog
Wie die Unternehmenskultur zählt die Fähigkeit zum Dialog zur ethischen
Kompetenz der Führung. Den Dialog charakterisiert der Austausch von Gedanken
zwischen den Menschen. Viele Führungskräfte verwechseln leider einen
Gedankenaustausch mit der Sendung der eigenen Botschaften. Der Dialog ist nicht
nur ein wesentliches Werkzeug der Führung, sondern eine Grundhaltung. Aus einem
Gespräch anders herauszukommen, als man hineingegangen ist, ist ein gutes
Kriterium für den Dialog. Das sich Einlassen auf die Gedankenwelt des anderen
muss nicht zwangsläufig zum Kompromiss führen, sondern kann genauso gut die
eigene Position stärken.
3. Zielvereinbarung
Neben der ethischen Kompetenz beeinflusst die kreative Kompetenz den
Führungsstil eines Unternehmens entschieden. Ein Werkzeug ist die
Zielvereinbarung, die hilft, etwas aufzubauen oder Neues entstehen zu lassen.
Auf der Grundlage von strategischen Zielen werden Zielvereinbarungen im
gemeinsamen Gespräch zwischen Unternehmensführung und Mitarbeiter getroffen. Um
konkrete Ergebnisse zu erreichen, müssen diese spezifisch, messbar,
aktionsorientiert, realistisch und terminiert in schriftlicher Form getroffen
werden. Es ist verblüffend,welche Konsequenz das geschriebene Wort hat.
Führungskraft und Mitarbeiter müssen sich der Verantwortung bewusst sein, die
eine Zielvereinbarung mit sich bringt. Doch wie jedes Werkzeug hat auch dieses
deutliche Grenzen und birgt Gefahren. Der Mensch darf nicht zum berechenbaren
Teil des Ganzen degradiert werden. Berücksichtigung müssen auch sich verändernde
Einflussfaktoren während der Umsetzungsphase finden. Richtig eingesetzt,
motiviert die Zielvereinbarung jedoch alle Beteiligten.
4. Workshop und Besprechung
Eine wesentliche Aufgabe der Führung ist es, Menschen in Organisation und Ziele
eines Unternehmens einzubinden. Das Werkzeug dafür ist der Workshop, in dem sich
die Teilnehmer gemeinsam Resultate erarbeiten. Werden Mitarbeitern Fakten nur
präsentiert, sind sie wenig involviert. Der Grad der Beteiligung erhöht sich,
wenn sie sich selbst einbringen und Ergebnisse erzielen können. Der Einsatz von
Visualisierungs- und Moderationstechniken machen die Grenzen zwischen Workshop
und Besprechung zunehmend fließend. Wichtig für den Einsatz bei-der Formen ist
der strukturierte Ablauf, der sich in drei Schritte aufteilt.
• Vorbereitung
Hier gilt der Grundsatz: Vorbereitungszeit verdoppeln, heißt Ausführungszeit
halbieren. Neben der Notwendigkeit sind die konkreten Ziele zu klären und die
Teilnehmer einzuladen. Agenda und Zeitplan sind zu erstellen.
• Durchführung
Hier hilft die Dreiteilung: Eröffnung – Hauptteil – Schluss. Häufig wird nicht
ordentlich eingeführt und es fehlt die Zeit für einen guten Abschluss. Beginnen
Sie pünktlich und machen Sie die Ziele der Zusammenkunft deutlich. Verfolgen Sie
einen zielorientierten Ablauf und behalten Sie die Tagesordnungspunkte im Blick.
Jeder Punkt sollte mit einer klaren Aussage abgeschlossen werden. Die
Möglichkeit zu einer kurzen Feedbackrunde sorgt für einen positiven Schluss, der
genauso pünktlich wie der Anfang erfolgen sollte.
• Nachbereitung
Unerlässlich ist ein Protokoll, das alle relevanten Informationen enthält.
Zeitnah verteilt, unterstreicht es die Verbindlichkeit.
5. Einstellungsfilter
Das nächste Werkzeug dient dazu, Leistung zu fordern und ist der fachlichen
Kompetenz zuzuordnen. Der konsequenten und durchgängig praktizierten
Vorgehensweise bei der Auswahl der Mitarbeiter dient der Einstellungsfilter und
kommt beim Vorstellungsgespräch zum Einsatz. Ist der Prozess der
Personalgewinnung bereits ein teurer Weg, fällt eine Fehlentscheidung noch viel
stärker ins Gewicht. Im Umgang mit potenziellen Mitarbeitern hilft der
Einstellungsfilter zur systematischen Informationsgewinnung.
6. Einarbeitung
Die Einarbeitung eines neuen Mitarbeiters wird je nach Anforderungsprofil und
Unternehmenssituation unterschiedlich sein. Der neue Mitarbeiter sollte herzlich
an seinem neuen Arbeitsplatz begrüßt werden, idealerweise nicht nur von den
Kollegen und der verantwortlichen Führungskraft, sondern auch von der
Unternehmensführung selbst. In der Einführungsphase lernt der neue Mitarbeiter
Arbeitsabläufe, Unternehmenskultur, Produkte, Kunden usw. detailliert kennen.
Ein Einarbeitungsplan, aber auch das Mentoren- oder Patensystem haben sich in
der Praxis bewährt. Dabei werden Ziele der einzelnen Einarbeitungsschritte
inhaltlich und zeitlich festgehalten.
7. Delegation
Die Kunst der Delegation zählt zu den methodischen Kompetenzen. Delegation hat
sehr viel mit Klarheit zu tun. Wichtig ist, dass im Unternehmen eine klare
Organisation gelebt wird, die eine Übersicht über delegierte Aufgaben
ermöglicht. Wer eine Aufgabe delegiert, sollte sich folgende Fragen stellen:
• Was soll delegiert werden?
• Wer soll die Aufgabe verantwortlich übernehmen?
• Wann soll die Aufgabe erledigt sein?
• Warum soll die Aufgabe durchgeführt werden?
• Wie soll die Aufgabe erfüllt werden?
• Womit soll die Aufgabe durchgeführt werden?
Werden diese Standardfragen konsequent beantwortet, wird es zu weniger
Missverständnissen im Unternehmen kommen.
8. Kontrolle
Auch Kontrolle zählt zu den Führungsaufgaben und will als solche verstanden
sein. Um die Übersicht über anstehende Aufgaben, Projekte und Termine zu
behalten, müssen Termine verfolgt und kontrolliert werden. Ein gutes
Zeitmanagementsystem, in dem die Wiedervorlage delegierter Aufgaben eingetragen
wird, ist ein unabdingbares Instrument. Nachfragen und Stichproben gehören
ebenso zur Kontrolle. Lassen Sie Ihre Mitarbeiter wissen, dass Ihnen
Zuverlässigkeit wichtig ist und machen Sie deutlich, dass Vertrauen und
Kontrolle keinen Widerspruch darstellen. Wenn Sie das Werkzeug Kontrolle
konstruktiv einsetzen, vermeiden Sie Schaden und helfen Menschen, sich zu
verbessern. Kommen Führungsverantwortliche ihrer Kontrollpflicht nicht nach,
kann es teuer werden. Im Flugbetrieb ist Kontrolle selbstverständlich. Genauso
selbstverständlich sollte in einem Unternehmen das Überprüfen durch
Verantwortliche respektiert werden.
9. Feedback
Zur Unternehmenskultur der Offenheit gehört das Feedback - die Rückmeldung.
Dieses praktische Werkzeug der Kommunikation wird der sozialen Kompetenz
zugeordnet. Gezieltes Kommunikationstraining erweitert die praktischen
Fähigkeiten zur konkreten Feedback-Kultur. Dies ist eine ganz wesentliche
Investition in Menschen. Beim Feedback sind sechs einfache Regeln zu beachten:
• sachlich – nicht persönlich
• ICH-Botschaften – keine Du- oder Sie-Botschaften
• beschreibend – nicht bewertend
• zeitnah
• konkret - nicht allgemein
• Vorsicht bei Informationen aus zweiter Hand walten lassen!
10. Mitarbeitergespräch
Das letzte Werkzeug der Führung ist besonders wirksam und au-thentisch. Das
jährliche Mitarbeitergespräch dient der Orientierung, Bewertung, Zielsetzung,
Weiterentwicklung. Leider wird dieser Dialog sehr selten geführt - im
Mittelstand genauso wenig wie in großen Unternehmen. Dabei wird sehr viel
Potenzial verschenkt. Inhaltlich geht es darum, einvernehmlich die Leistungen
des Mitarbeiters im laufenden Jahr einzuschätzen, um für den kommenden
Orientierungszeitraum Entwicklungsmaßnahmen unterschiedlichster Art festzulegen
und individuelle Zielvereinbarungen gemeinsam zu treffen. Ein Gesprächsprotokoll
sollte nach getrennter Durchsicht von beiden Teilnehmern unterzeichnet werden.
Führung wird immer eine Kunst bleiben, auf die man sich einlas-sen muss. Doch
auch diese Kunst ist lernbar. Werden die zur Verfügung stehenden Werkzeuge dabei
richtig eingesetzt, ist dies ein Schritt für den Chef oder die Führungskraft,
besser mit Menschen umzugehen.
* Dr. Dr. Cay von Fournier ist aus Überzeugung Arzt und Unternehmer. Zu seiner
Vision gehören möglichst viele gesunde Men-schen in gesunden Unternehmen. Der in
Medizin und Wirtschaftswissenschaften promovierte Inhaber des vor 20 Jahren
gegründeten SchmidtCollegs ist bekannt durch seine begeisternden und
praxisrelevanten Vorträge und Seminare. Schmidt-Colleg ist unter seiner Leitung
zu einer Unternehmensgruppe geworden, die sich der Vermittlung und Umsetzung
einer menschlichen und dennoch (oder gerade trotzdem) erfolgreichen
Unternehmensführung widmet.
Weitere Infos erhalten Sie unter www.schmidtcolleg.de oder per Email info@schmidtcolleg.de
Buchtipp:
Cay von Fournier:
Der perfekte Chef
Führung, Mitarbeiterauswahl,
Motivation für den Mittelstand.
Campus Verlag, Frankfurt
206 Seiten, 24.90 Euro
ISBN 3-593-37961-9
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