Lebensmittel-Ampel:
Konservative im Europaparlament
lehnen mit ihrer Mehrheit
die Ampel-Kennzeichnung für Lebensmittel ab
In den
mittelamerikanischen Staaten wie Honduras, Nicaragua oder Panama wurden
die Staatsgeschäfte über Jahrzehnte durch den Einfluss der großen
Südfruchtexporteure United Fruit Company (Chiquita) und Standard Fruit
Company (Dole) bestimmt. Die wirtschaftliche Macht der US-Unternehmen
war größer als die politische Macht der Regierungen dieser Länder.
Droht uns das nun auch in Europa? Bei der Einführung einer
Börsenumsatzsteuer zeichnet sich diese Entwicklung auf Regierungsebene
bereits ab. Gegen die Macht der Banken geht offensichtlich nichts. Auf
Europäischer Ebene hat sich gerade die Lebensmittelindustrie
durchgesetzt.
Seit zwei
Jahren waren dort die Lobby-Vertreter der Branche aktiv, um den
EU-Parlamentarier die vorgesehene und in England bewährte
Ampel-Kennzeichnung für Lebensmittel auszureden. Obwohl
Verbraucherschützer und Ärzteverbände und Krankenkassen seit langem eine
Ampel-Kennzeichnung für Lebensmittel fordern hat die
Lebensmittelindustrie gesiegt. Sie muss auch künftig ihre Fertigprodukte
nicht mit roten, gelben oder grünen Symbolen kennzeichnen. Mit dieser
Lebensmittel-Ampel wäre auf den ersten Blick erkennbar gewesen, wie hoch
der Anteil an Zucker, Fett oder Salz ist. Dem Plan zufolge hätte die
bunte Grafik auf einen Blick über die Menge an Fett, gesättigten
Fettsäuren, Zucker und Salz informiert - und zwar einheitlich auf 100
Gramm beziehungsweise 100 Milliliter bezogen. Die Werte sollten farblich
hinterlegt werden. Rot stünde für einen hohen, gelb für einen mittleren,
grün für einen niedrigen und damit gesundheitlich unbedenklichen Anteil.
Dafür soll nun auf den Packungen gut sichtbar der Brennwert in Kalorien
angegeben werden. Außerdem sollen die Hersteller verpflichtet werden
klaren Angaben über eine Reihe von Inhaltsstoffen wie Fett, Salz,
Zucker, Eiweiß oder ungesättigte Fettsäuren zu machen.
Hier liegt noch eine Chance sich im Rahmen strikterer
Durchführungsverordnungen dem ursprünglichen Ziel der Ampel zumindest zu
nähern um die Kunden beim Kauf schnell und verständlich vor Dickmachern
in den Lebensmittelregalen zu warnen.
In Deutschland wurde die Lebensmittelkennzeichnung in jüngster Zeit
bereits verbessert. Die Angaben über Kalorien, Fett, Zucker und Salz,
die dort gemacht werden, sagen aber erst auf den dritten oder vierten
Blick etwas aus, denn listigerweise machen die Hersteller diese Angaben
höchst unterschiedlich, mal bezogen auf 100 Gramm, mal pro Portion, um
wahren Inhalt der Packung zu verschleiern.
Natürlich könnte man diesen anhand der Angaben errechnen, aber wer kauft
schon mit dem Taschenrechner ein?
In Brüssel machten die Konzerne klar, dass sie eine Lebensmittel-Ampel
ablehnen - nun haben sie sich durchgesetzt. Wieder einmal.
"Statt Bürgernähe herrscht in Europa die Lobby-Macht der Industrie",
sagte Matthias Wolfschmidt,
stellvertretender Geschäftsführer von Foodwatch. Die Vorzüge der
Ampel-Kennzeichnung seien gegenüber allen anderen Systemen vielfach
durch wissenschaftliche Studien belegt worden. "Den Verbrauchern bringt
eine freiwillige Ampel-Kennzeichnung nichts."
Vor allem die Konservativen im EU-Parlament stimmten gegen die
Lebensmittel-Ampel. Diese Art der Kennzeichnung sei zu simpel und
wissenschaftlich nicht begründet, sagte die Berichterstatterin Renate
Sommer (CDU) und plapperte nach ihr die Lobbyisten eingeflößt hatten.
Bestimmte Lebensmittel würden stigmatisiert. Eine ausgewogene und
gesunde Ernährung lasse sich nicht an einzelnen Lebensmitteln
festmachen. Grüne und Linke stimmten für die Ampel.
Die Gesetzesvorlage geht nun an den Ministerrat, in dem die 27
EU-Staaten vertreten sind. Im Rat gibt es allerdings keine einheitliche
Position. Das Europaparlament hat in der Frage aber ein
Mitentscheidungsrecht. Parlament und Rat müssen sich also auf einen
Kompromiss einigen.
Mal sehen was dabei herauskommt.
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