Creditreform:
Insolvenzen in Deutschland, Jahr 2021
Sprunghafter Anstieg der Verbraucherinsolvenzen
Die Zahl aller Insolvenzen in Deutschland hat um fast 60 Pro zent zugenommen. Im
Jahr 2021 wurden insgesamt 122.100 Insolvenzfälle registriert. Im Vorjahr (2020)
waren es 76.730 Fälle.
Dieser steile Anstieg war ausschließlich auf ein deutliches Plus der
Verbraucherinsolvenzen (plus 80,9 Prozent) sowie der „sonstigen“ Insolvenzen
(plus 70,2 Prozent) zu rückzuführen. Ausschlaggebend für diese Entwicklung war
ein neues Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens, das
überschuldeten Verbrauchern einen schnelleren und leichteren Weg aus der
Überschuldung ermöglicht.
Dazu der Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch:
„Mit dem Blick auf die Gesetzesän derung hatten im Vorjahr viele betroffene
Verbraucher mit ihrem Insolvenzantrag noch gewartet. Nun ist es 2021 zu massiven
Nachholeffekten gekommen.“
Unternehmensinsolvenzen weiter rückläufig
Anders als bei den Verbrauchern setzte sich bei den Unternehmen der Rückgang
der Insolvenzen fort. Gegenüber dem Creditreform Presseinformation Vorjahr
nahm die Zahl der Unternehmensinsolvenzen um 10,8 Prozent auf noch 14.300 Fälle
im Jahr 2021 ab.
„Bei den Unternehmenspleiten haben wir den niedrigsten Wert seit Einführung der
Insolvenzordnung (InsO) im Jahr 1999 ge messen und zählen nur noch halb so viele
Insolvenzen wie 2012“, so Hantzsch weiter.
'Im Zuge der Corona-Pandemie hatten staatliche Eingriffe und massive
Finanzhilfen die Wirtschaft gestützt. Trotz der erheblichen Einschränkungen in
vielen Wirtschaftsbereichen und einer insgesamt schwachen Konjunkturentwicklung
wurde eine Insolvenzwelle so unter drückt.
Hantzsch dazu: „Die Kehrseite der Medaille ist aber die wachsende Zahl an
potentiellen Zombieunternehmen, deren Entstehen durch die weiter fortgeführte
Subventions politik gefördert wird.“
Rückläufig
war das Insolvenzgeschehen in allen vier Hauptwirtschaftsbereichen,
besonders deutlich aber im Verarbei tenden Gewerbe (minus 26,8 Prozent), wo
bundesweit noch 930 Unternehmensinsolvenzen zu verzeichnen waren (2020: 1.270).
Das Gros des Insolvenzgeschehens in Deutschland entfällt weiterhin auf den
Dienstleistungssektor, der insgesamt 8.280 Insolvenzen umfasste. Gegenüber dem
Vorjahr (9.320 Fälle) war aber ein deutlicher Rückgang (minus 11,2 Prozent) zu
beobachten.
3.000 Insolvenzen gab es im Handel (2020: 3.240) und 2.090 im Baugewerbe (2020:
2.210).
Mehr kleine Unternehmen betroffen Gegen den Trend kam es bei Kleinstunternehmen
mit Um sätzen unter 250.000 Euro im Jahr zu mehr Insolvenzfällen.
Mit 7.340 Fällen bzw. einem Anteil von 51,4 Prozent an allen Creditreform
Presseinformation Unternehmensinsolvenzen war mehr als jede zweite Insolvenz in
diesem Jahr eine von Kleinstunternehmen (2020: 7.290 Fälle; 45,4 Prozent).
Mit Andauern der Corona-Krise hatten diese Firmen immer weniger Reserven.
Größere und bekanntere Unternehmen finden sich in der diesjährigen In
solvenzstatistik wesentlich seltener als im Vorjahr.
Nur halb so viele Insolvenzfälle wie im Vorjahr überschritten eine Umsatzgröße
von 25 Mio. Euro (2021: 150 Fälle; 2020: 330 Fälle).
Allerdings gab es vereinzelte Großinsolvenzen im Immobilien- und im Finanzsektor,
so dass die Schäden für die Insolvenzgläubiger auf hohem Niveau blieben. Im Jahr
2021 summierten sich die offenen Forderungen auf schätzungsweise 54,0 Mrd. Euro
– nach 42,6 Mrd. Euro im Vorjahr.
Von der Insolvenz betroffen waren in diesem Jahr rund 143.000 Arbeitnehmer; eine
deutlich geringere Zahl als im Vorjahr (2020: 332.000).
Der Großteil der Insolvenzfälle (84,7 Prozent) betraf kleine Unternehmen mit
weniger als fünf Mitarbeitern.
„Junge“
Insolvenzen sind selten geworden
Der Analyse der Rechtsformen der betroffenen Unternehmen zeigt, dass in diesem
Jahr viele Kleinstunternehmen das Pleitegeschehen dominieren. So waren 45,2
Prozent (2020: 41,1 Prozent) Einzelunternehmen, Gewerbebetriebe oder gehörten
den Freien Berufen an. Verringert hat sich der An teil der GmbH (von 41,8 auf
37,7 Prozent). Mittlerweile geht aber gut jede zehnte Unternehmensinsolvenz in
Deutsch land (10,5 Prozent) auf das Konto der Unternehmergesellschaft (UG).
Fortgesetzt hat sich der Trend, wonach weniger die jungen, sondern vorrangig
schon ältere Unternehmen in die Insolvenz gehen. Gerade einmal jedes zweite
insolvente Unternehmen in Deutschland (49,5 Prozent) war jünger als zehn Jahre.
Noch im Jahr 2015 lag dieser Anteil bei 59,5 Prozent.
Deutlich mehr insolvente Firmen als im Vorjahr hatten ein Alter zwischen 11 und
20 Jahren (2021: 28,0 Prozent; 2020: 26,3 Prozent). 22,5 Prozent der insolventen
Unternehmen waren indes älter als 20 Jahre.
Dazu Patrik-Ludwig Hantzsch: „Mit der rückläufigen Gründungstätigkeit in den
letzten Jahren sind auch der Unternehmensbestand in Deutschland und damit die
Insolvenzkandidaten älter geworden.“
Kreditwürdigkeit in der Krise verschlechtert
Die Auswertung von Unternehmensbonitäten, aggregiert nach Branchen, zeigt eine
doch spürbare Verschlechterung der Kreditwürdigkeit in den Bereichen, die von
der Corona Krise am stärksten in Mitleidenschaft gezogen wurden. So mussten
beispielsweise das Gastgewerbe und die Unterhaltungsbranche eine starke
Verschlechterung der Bonitätseinstufung im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019
hinnehmen.
In Bereichen wie der Versorgungs- und Entsorgungswirt schaft blieben die
Bonitätsnoten in diesem Zeitraum demgegenüber nahezu unverändert.
Text und Grafiken Creditreform