Creditreform:
Zahlungsindikator Deutschland – Winter 2020/2021
Gläubiger
werden sensibler – Staatshilfen verhindern (noch) Kettenreaktionen Lieferanten
und Kreditgeber meldeten für das 2. Halbjahr 2020 eine Abnahme des
Zahlungsverzugs und eine Verringerung der Forderungslaufzeiten.
Beide
Entwicklungen sind positiv für Gläubiger.
„Im Zuge der CoronaKrise und zunehmender wirtschaftlicher Risiken sind
Lieferanten und Kreditgeber in ihrem Forderungsmanagement deutlich aufmerksamer
geworden“, erläutert Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung,
die Auswertung.
Die staatlichen Hilfsmaßnahmen zur Überwindung der wirtschaftlichen Folgen der
Corona-Pandemie seien offenbar wirksam.
Auf Basis von rund 3,5 Mio. Rechnungsbelegen aus dem Creditreform
Debitorenregister Deutschland (DRD) wurde für das 2. Halbjahr 2020 ein
durchschnittlicher Zahlungsverzug im B2B-Geschäft von 9,79 Tagen ermittelt
(2.Halbjahr 2019: 10,69 Tage).
Deutlich verringert hat sich die Überfälligkeit insbesondere bei
Geschäftstransaktionen mit dem Einzelhandel und mit unternehmensnahen
Dienstleistern.
Die durchschnittliche Forderungslaufzeit sank im 2.Halbjahr 2020 auf 41,77 Tage
(Vorjahreszeitraum: 42,07 Tage).
Diese Kennzahl, also die Zeitdauer einer ausstehenden Zahlung, setzt sich aus
dem vereinbarten Zahlungsziel und einem möglichen Zahlungsverzug zusammen. Dabei
hatten die Kreditgeber ihre Zahlungsziele In den zurückliegenden Monaten auf
durchschnittlich 31,98 Tage leicht angehoben – gegenüber 31,38 Tagen im 2.
Halbjahr 2019. Hierfür könnten Zugeständnisse der Gläubiger eine Rolle gespielt
haben, wenn Kunden infolge der Lockdown-Einschränkungen Liquiditätsengpässe zu
verzeichnen hatten. Schließlich führten aber Verbesserungen beim
Kreditorenmanagement auf Seiten der Kreditgeber zu weniger überfälligen
Rechnungen und somit zu einem Rückgang der Forderungslaufzeit. Hier zeigt sich
auch die erhöhte Sensibilität der Gläubiger in der aktuellen Krisenzeit.
Längere
Zahlungsziele für Großunternehmen
„Eine
negative Kettenreaktion beim Zahlungsverhalten ist bislang ausgeblieben. Auch
die Zahl der Insolvenzen blieb 2020 auf einem paradox niedrigen Niveau und damit
auch mögliche Folgeerscheinungen“, so Hantzsch weiter.
„Die anhaltende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ist in diesem
Zusammenhang hoch effektiv. Es ist aber zu befürchten, dass die staatliche
Lenkung des Insolvenzrechts die Ausfälle lediglich verschiebt.“
Weiterhin konnten keine deutlichen Einschränkungen bei den Zahlungsfristen
beobachtet werden. Dem Einzelhandel, den unternehmensnahen Dienstleistern und
der Grundstoffbranche wurden sogar deutlich längere Zahlungsfristen von den
Gläubigern eingeräumt – teilweise bis zu fünf Tage zusätzlich. Insbesondere
Großunternehmen mit mehr als 250 Arbeitnehmern bekamen längere Zahlungsfristen.
Im 2. Halbjahr 2020 betrug das Zahlungsziel für diese Großkunden
durchschnittlich 35,24 Tage (Vorjahr: 34,53 Tage). Kleinen und mittleren
Unternehmen wurden die Zahlungsziele, wohl auch wegen einer befürchteten
stärkeren Betroffenheit durch die Corona-Maßnahmen, von ihren Gläubigern
hingegen tendenziell gekürzt.
Mit 44,05 Tagen war die Forderungslaufzeit für die Kreditgeber bei Geschäften
mit Großunternehmen aber dennoch geringer als im 2. Halbjahr 2019 (44,53 Tage).
Das dürfte die Liquidität beim Leistungserbringer, der in Vorleistung gehen
musste, gestärkt haben. Immerhin stellen solche wirtschaftsaktiven
Großunternehmen den Großteil von 62,2 Prozent des gesamten Forderungsvolumens.
Einzelhandel verursacht mehr Außenstände
Bezogen auf die Branche der Debitoren
beruhte der wertmäßige Bestand aller Außenstände im 2. Halbjahr 2020
oftmals auf Forderungen gegenüber der Metallund Elektrobranche (21,6 Prozent) –
aber bei einem rückläufigen Trend. Einzelhandel (11,6 Prozent), Großhandel (15,8
Prozent) und Unternehmensdienstleister (17,1 Prozent) erhöhten hingegen ihren
Anteil am Gesamtvolumen der Außenstände deutlich und gewinnen so für das
Forderungsmanagement der Kreditgeber und Lieferanten an Gewicht. Das Baugewerbe
verliert hingegen an Bedeutung.
Der durchschnittliche Wert von verspätet bezahlten Rechnungen ist erstmals seit
dem Jahr 2017 wieder unter 2.000 Euro gesunken.
Im 2. Halbjahr 2020 lag der Rechnungsbetrag im Durchschnitt bei 1.970 Euro (2.
Halbjahr 2019: 2.137 Euro; - 167 Euro).
Umgekehrt sind hohe Rechnungsbeträge demnach weniger lange überfällig gewesen.
Das spricht ebenfalls für die erhöhte Aufmerksamkeit der Gläubiger für mögliche
Ausfallrisiken.
Positive Entwicklungen bei der GmbH
Firmen der in Deutschland verbreiteten
GmbH zahlten im 2. Halbjahr 2020 mit einer Überfälligkeit von 9,65
Tagen (- 1,34 Tage gegenüber dem Vorjahreszeitraum).
Durch die verbesserte Zahlungsweise und geringere Zahlungsverzögerungen wurden
die Kreditgeber entsprechend weniger belastet. Entscheidend sind Entwicklungen
bei der GmbH insbesondere auch deshalb, weil diese Rechtsform für mehr als die
Hälfte des gesamten offenen Forderungsvolumens in Deutschland steht (59,1
Prozent). Auch der durchschnittliche Rechnungsbetrag bei Geschäftstransaktionen
mit der GmbH
liegt mit 1.917 Euro vergleichsweise hoch. Einen Anstieg des Zahlungsverzugs
verzeichnete hingegen die UG (haftungsbeschränkt). Zuletzt betrug die
Verzugsdauer bei Geschäften mit dieser Rechtsform 16,40 Tage (Vorjahr: 15,74
Tage).
Datenbasis Creditreform Zahlungsindikator Deutschland:
Zu rund 975.000 Unternehmen liegen Zahlungsinformationen im Debitorenregister Deutschland (DRD) vor.
Die Zahlen zum Zahlungsindikator beruhen auf überfälligen, aber ausgeglichenen Belegen.
Ein Belegvolumen von rd. 66 Mrd. Euro zu 1.161 Branchen wird in Deutschland analysiert.
Monatlich gibt es aktuell 9,9 Millionen neue Zahlungsinformationen.
Der nächste „Zahlungsindikator Deutschland“ erscheint im August 2021.
Text und Grafiken Creditreform