Recht:
Rechtliche Anforderungen an die digitale Archivierung
Die Email-Korrespondenz ist aus dem unternehmerischen Alltag
nicht mehr weg zu denken. Egal, ob Terminabsprachen, Anfragen,
Bestellungen oder Auftragsbestätigungen – Emails nehmen eine immer
wichtigere Rolle in der B2B-Kommunikation ein. Bereits seit Anfang
2006 besteht eine Vielzahl gesetzlicher Vorschriften für Unternehmen
zur Regelung der Handhabung elektronischer Schriftstücke und Daten.
Nach dem Handelsgesetzbuch ist jeder Kaufmann verpflichtet
Handelsbriefe, ebenso wie beispielsweise Jahresabschlüsse und
Buchungsbelege, geordnet aufzubewahren. Gleiches gilt nach der
Abgabenordnung für alle empfangenen und abgesandt Handels- oder
Geschäftsbriefe, sowie alle steuerlich relevanten sonstigen
Unterlagen. Diese allgemeinen Vorgaben werden je nach
Unternehmensform in verschiedenen Vorschriften, wie z.B. der GoBS
und GDPdU, konkretisiert.
Zu den Geschäfts- und Handelsbriefen zählen alle Schriftstücke, die
der Vorbereitung, Durchführung und dem Abschluss oder der
Rückgängigmachung eines Geschäfts dienen. Der Gesetzgeber verfolgt
hier eine weitgehend gleiche Behandlung von physikalischer und
digitaler Post. Dementsprechend gehören auch Anlagen zu den
Handelsbriefen, soweit der Inhalt der Email ohne die Anlage nicht
verständlich wäre. Die Archivierungspflicht erstreckt sich für
Geschäfts- und Handelsbriefe auf sechs Jahre, für Handelsbücher und
ähnliche Unterlagen auf zehn Jahre.
Der Gesetzgeber hat sich darauf beschränkt eine revisionssichere
Archivierung von Unterlagen und elektronischen Datenträgern
vorzuschreiben. Die Frage, wie dies technisch zu erfolgen hat, hat
er jedoch unbeantwortet gelassen. Um den gesetzlichen Anforderungen
zu genügen hat sich die digitale Archivie-rung mindestens an
folgenden Kriterien zu orientieren:
• Jedes Dokument muss unveränderbar archiviert werden und darf nicht
verloren gehen
• Jedes Dokument muss zeitnah wieder gefunden werden können
• Es muss genau jenes Dokument gefunden werden, das gesucht wurde
• Kein Dokument darf während seiner vorgesehenen Lebenszeit zerstört
werden können
• Jedes Dokument muss in der Form, wie es erfasst wurde, angezeigt
und gedruckt werden können
• Alle Aktionen im Archiv, die Veränderungen in der Organisation und
Struktur bewirken, sind so zu protokollieren, dass die
Wiederherstellung des Ausgangszustands möglich ist.
Konsequenzen unzureichender Email-Archivierung
Bei der Einführung einer Archivlösung ist äußerste Sorgfalt geboten.
Eine unzureichende Email-Archivierung kann für das Unternehmen nicht
nur zum Verlust von beweiserheblichen Dokumenten, sondern auch zur
Einschränkung der steuerrechtlichen Beweiskraft der Unterlagen
führen. Im schlimmsten Fall führt dies zur Schätzung des
steuerlichen Gewinns. Vielfach unbeachtet bleiben zudem die
möglichen Folgen für die Verantwortlichen: Diese reichen von der
persönlichen Haftung für entstandene Schäden und auf die
Steuerschuld bis hin zum Vorwurf der Steuerverkürzung, die mit einer
Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren geahndet werden kann.
Rechtliche Begleitprobleme
Auch wenn eine Archivierungslösung den vorstehenden Anforderungen
genügt, können in anderer Hinsicht erhebliche rechtliche Probleme
entstehen, so insbesondere bei zentralen Archivierungslösungen, bei
denen alle im Postfach eines Mitarbeiters enthaltenen Emails
gespeichert werden. Problematisch wird dies dann, wenn ein
Unternehmen seinen Mitarbeitern die Nutzung des Postfachs auch zu
privaten Zwecken gestattet hat. Hierdurch erhält das Unternehmen
gegenüber seinen Mitarbeitern nämlich den Status eines
Telekommunikationsanbieters mit allen sich aus dem
Bundesdatenschutzgesetz und dem TKG ergebenden Beschränkungen: Die
Speicherung der Inhalte und Verbindungsdaten ist unzulässig. In
Bezug auf die Gestattung der privaten Nutzung von Email und Internet
ist daher die Erarbeitung einer rechtlich abgesicherten
Handlungsanweisung dringend geboten, die auf die individuellen
Bedürfnisse und die Infrastruktur des jeweiligen Unternehmens
angepasst ist.
Fazit
Die Archivierungspflicht für digitale Unterlagen ist ein wichtiger
Teilaspekt des IT-Risikomanagements. Aufgrund der Verzahnung der
unterschiedlichen gesetzlichen Anforderungen und der möglichen
Auswirkungen für andere Bereiche, wie dem Datenschutz und dem
Arbeitsrecht, ist die Implementierung einer die einzelnen Facetten
übergreifenden und rechtlich abgesicherten Lösungsstrategie dringend
geboten.
Autor: Rechtsanwalt Dr. Matthias Schaefer (LL.M.),
http://www.ks-legal.de
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