Generationenwechsel:
Agieren statt reagieren
Wie externe Dienstleistungen den Prozess begleiten
Unternehmensnachfolge ist ein Thema, dem sich jährlich ca. 70.000
Unternehmer stellen müssen. Nur 40% dieser Unternehmer haben jedoch
ihre Nachfolge geregelt. Streitigkeiten im Gesellschafterkreis,
Pflichtteils- und Güterrechtsansprüche oder Liquiditätsentzug durch
fällige Erbschaft- oder Einkommensteuer sind häufige Ursachen für
Unternehmenskrisen. Schlecht vorbereitete Generationenwechsel bergen
somit ein großes Gefahrenpotential. Denn eines wird immer wieder
verkannt: Der Unternehmer muss frühzeitig erbrechtliche,
familienrechtliche, handels- und gesellschaftsrechtliche,
steuerrechtliche, vor allem aber auch familiäre und
betriebswirtschaftliche Aspekte beachten, um zu einer für alle
Parteien zufrieden stellenden Unternehmensnachfolge zu gelangen. In
der Praxis bestehen Wechselwirkungen: Beispielsweise löst ein Impuls
vom Wirtschaftsprüfer eventuell beim Unternehmer und dem Nachfolger
zwischenmenschliche Prozesse aus.
Mit Hilfe von externen Dienstleistern wird der Gesamtprozess optimal
ausgestaltet. Dem Zusammenspiel der Dienstleister kommt daher
besondere Bedeutung zu: Die Dienstleister müssen eine Sprache
sprechen, sie müssen in dem Themengebiet ein eingespieltes Team sein
und ihre fachlichen Grenzen genau einschätzen können. So werden die
notwendigen Schritte richtig zusammengeführt und zur Optimierung des
Prozesses eingesetzt.
Zieht sich der Unternehmer zurück, dann verändert sich das gesamte
System des Unternehmens. Der Veränderungsprozess führt zu einer
Neuordnung des Unternehmens und des Systems. Dieser
Veränderungsprozess ist mit viel Emotionalität verbunden, ebenso mit
wirtschaftlichen Risiken, juristischen Fragestellungen und mit
Irritationen innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Die
Berührungspunkte zwischen "Familie" und "Unternehmen", d.h. die
Verbindung von menschlichen und z. B. wirtschaftlichen
Gesichtspunkten, sind neuralgische Punkte, die häufig ausgeblendet
und nicht berücksichtigt werden.
Perspektive: Mensch
Was kann zwischenmenschlich passieren? Kommt der Nachfolger aus der
eigenen Familie wird er vom alten Unternehmer an den Leistungen
gemessen, er tut sich schwer, die Arbeits- und Vorgehensweisen des
Vaters zu modernisieren oder der Vater hat Angst, dass sein
Lebenswerk zerstört wird. Innerfamiliäre Konflikte, fehlendes
Vertrauen und die Streitkultur erschweren die Nachfolgeregelung. Es
kommt zu zwischenmenschliche Störungen auf verschiedenen Ebenen. Auf
der Ebene der Familie kann bspw. ein Generationen- oder
Geschwisterkonflikt aufbrechen, oder auf der Ebene der Belegschaft
kann ein altgedienter Mitarbeiter mit dem potenziellen Nachfolger
nicht umgehen.
Veränderungen durch den Generationenwechsel sind mit Widerständen
verbunden. Er spiegelt sich in einem Kreislauf von Bedenken wider:
Was der Junior wohl ändern wird? Ob die Informationen wohl stimmen?
Ob die Veränderungen Sinn machen? Ob das wohl gut geht? Welche
Auswirkungen das alles nach sich zieht? Natürlich gibt es den
Kreislauf der Bedenken auch bei dem potenziellen Nachfolger, in der
gesamten Familie und bei den Mitarbeitern im Unternehmen. Die
zwischenmenschliche Komplexität wird dadurch sehr deutlich.
Ein Generationswechsel stellt sich als Kommunikationsaufgabe dar.
Die notwendige Organisations- und Persönlichkeitsentwicklung umfasst
daher prozessorientierte Maßnahmen.
Perspektive: Recht
In rechtlicher Hinsicht steht zu Beginn eine Bestandsaufnahme aller
Verträge und Vereinbarungen, die das Unternehmen und die Person des
Unternehmers betreffen. Da ein Großteil der Verträge Bestandsschutz
genießt, werden diese in weiten Teilen auch auf den Nachfolger
Rechtswirkung entfalten. Erst wenn dieser Schritt getan ist, können
neue Vereinbarungen implementiert oder bestehende Regelungen
sinnvoll an die tatsächliche Interessenlage angepasst werden. Hier
ist eine sorgfältige Vorbereitung geboten: Bereits die Wahl einer
falschen Gesellschaftsform oder eine unbedachte Regelung in einem
Gesellschaftsvertrag können schlimmstenfalls die Durchführbarkeit
der Unternehmensnachfolge verhindern und scheitern lassen. Aus
rechtlicher Sicht sind somit eine sorgfältige Implementierung und
Synchronisierung der verschiedenen Vereinbarungen die maßgeblichen
Faktoren für einen erfolgreichen Generationenwechsel. Dies kann
allerdings nur unter Berücksichtigung der finanziellen, steuerlichen
und emotionalen Konsequenzen gelingen.
Perspektive: Wirtschaft
Aus steuerlicher Sicht erweisen sich
die Neuregelungen der Erbschaftsteuer gerade in der Krise als
Hypothek für den Mittelstand. Für viele Unternehmer ist die
Erbschaftsteuer ein Hemmnis bei der Unternehmensnachfolge.
Unternehmer, die zur Krisenbewältigung Firmenanteile veräußern,
Kurzarbeit nutzen oder gezwungen sind, ihre Belegschaften zu
reduzieren, müssen mit großer Wahrscheinlichkeit Erbschaftsteuer
nachzahlen. Durch die komplizierten Regelungen bei der
Erbschaftsteuer wird der Generationswechsel im Mittelstand somit
eher erschwert statt erleichtert. Müssen zur Befriedigung von
Pflichtteils- und Zugewinnausgleichsansprüchen stille Reserven im
Unternehmen aufgedeckt werden, entsteht darüber hinaus eine
ertragsteuerliche Belastung. Diese Schwierigkeiten können durch eine
vorausschauende Steuerplanung vermieden werden: Agieren statt
reagieren!
Fazit
Die Unterstützung durch externe
Dienstleister beim Generationenwechsel ist sehr wichtig. Doch nur
ein enges Zusammenspiel der Dienstleister berücksichtigt die
Wechselwirkungen des Prozesses, wodurch erreicht wird, dass das
Lebenswerk des Seniors gewertschätzt und wichtige Aspekte auch in
der Zukunft Bestand haben.
Autoren:
Dr. Matthias Schaefer, Kanzlei Dr. Schaefer, Rechtsanwalt,
Balanstrasse 73 (Haus 10), 81541 München, Tel.: (089) 6 28 16 96-80,
http://www.ks-legal.de
Torsten Ratzke, Kanzlei Ratzke, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer,
http://www.kanzlei-ratzke.de
Markus Kringe, Team Liscia München – Experten für
Veränderungsprozesse, http://www.TeamLiscia.de